INNOVATIVE SKATE- UND PARKOURANLAGEN EROBERN DIE SCHULHÖFE

INNOVATIVE SKATE- UND PARKOURANLAGEN EROBERN DIE SCHULHÖFE

Rollsport AG am Göppinger Freihof-Gynmasium. | Bild: DSGN CONCEPTS

Urban Sports auf dem Lehrplan

Innovativer Sportunterricht im Freien statt Reckübungen in dunklen Hallen. Rollen und Gleiten in den Pausen. Selbstbewusstsein durch sichere Haltung und sportliche Erfolge: vermeintliche Nischensportarten wie Skateboarden oder Parkour gewinnen an Bedeutung. Anlagen auf Schulgeländen oder in Jugendzentren verzeichnen regen Zulauf und setzen Maßstäbe bei der Gestaltung urbaner Bewegungsräume.

Für Ingo Naschold, Gründer und Inhaber von DSGN CONCEPTS aus Münster, gehören Skateanlagen zur Daseinsvorsorge von Kommunen: „Kinder und Jugendliche kommen in Bewegung, schulen ihre motorischen Fähigkeiten, lernen sicheres Fallen und knüpfen über den Sport soziale Kontakte.“ Letzterer Faktor gewinne zunehmend an Bedeutung, da moderne Anlagen auf Aufenthaltsqualität für alle Generationen und gute Anbindungen in die anliegenden Quartiere ausgerichtet sind. Dabei möchte Naschold den Verantwortlichen die Angst vor übergroßen Skate-Elementen nehmen: „Leider wird der Begriff Skatepark noch immer überwiegend mit Halfpipes assoziiert. Dabei reichen oft einfache gestalterische Mittel aus, um Schulhöfe rollsportfreundlich zu gestalten.“ Andere Länder, allen voran Dänemark und die Niederlande, haben das längst erkannt und verwandeln Regenrückhaltebecken in Skateparks oder bieten auf dem Schulhof die Möglichkeit zu rollen.

Mit seinem Büro hat Naschold bereits mehrere schulische Anlagen realisiert, beispielsweise an der städtischen Ludwig-Thoma-Realschule in München. Dort gehört Parkour seit mittlerweile zwei Jahren zum Lehrplan. Nach Ende des Unterrichts bleibt das Gelände offen und wird zudem regelmäßig von einem kooperierenden Verein genutzt, der auf dem Gelände Trainings, Workshops und Ferienkurse anbietet.

Die Münchener Anlage setzt sich auf 220 Quadratmetern aus zwei Bereichen zusammen: Einer besteht aus niedrigen Elementen wie Mauern, Poller sowie Barren und ist mit einem EPDM-Belag ausgestattet. Der zweite Teil ist tiefergelegt und mit Stangen zum Schwingen und Fallschutzkies versehen – mit wenig Aufwand wurden hier viele Bewegungsmöglichkeiten geschaffen. Die Reaktionen von Jugendlichen, Lehrern und Traceuren sind überaus positiv.

Parkouranlage auf dem Schulhof der Ludwig-Thoma-Realschule in München. | Bild: DSGN CONCEPTS

„Die Schüler sind fasziniert von den Bewegungen und den Erfolgen“

Auch Claus Tonke, der als Schulleiter die Projektumsetzung begleitet hat, zeigte sich begeistert: „Parkour bietet durch den hohen Aufforderungscharakter einen Zugang zum eher unbeliebten Turnen. Die Schüler sind fasziniert von den Bewegungen und den Erfolgen, die jeder in dieser Sportart feiern kann.“ Auch in den Pausen wird der Bereich rege in Beschlag genommen. Ein Teil der Aufsichtskräfte hat eine Parkour-Fortbildung besucht, um das neue Angebot richtig einschätzen zu können. Für die freie Nutzung außerhalb der Schulzeiten, gewährleistet durch die Technische Hausverwaltung, hatte Tonke sich persönlich stark gemacht, da das umliegende Stadtquartier bisher keine nennenswerten Freizeitangebote für Jugendliche aufwies. Ein weiterer Pluspunkt – nicht nur aus sportlicher, sondern auch aus ökonomischer Perspektive: „Sportanlagen auf Schulhöfen werden durch mehr Personen genutzt und kommen damit einem größeren Kreis zugute als herkömmliche Plätze. Die Investitionen haben damit einen deutlich höheren Wirkungsgrad“, so Tonke.

Ein weiteres Beispiel aus dem Portfolio von DSGN CONCEPTS: Seit dem Beginn des Schuljahres 2018/2019 setzt das Göppinger Freihof-Gymnasium sportliche Maßstäbe. Hier wurde die erste Indoor- Bowl-Anlage einer deutschen Schule eröffnet. Der Bowl wird zum einen im Rahmen des Sport-Moduls „Rollen und Gleiten“ genutzt, zum anderen durch die Rollsport AG außerhalb der regulären Unterrichtszeit. Lehrer Daniel Schindler, der auch Vorstand des Trendsportclubs Hohenstaufen ist, begleitete die Planung und Realisierung von Anfang an und zeigt sich äußerst zufrieden: „Die neue Skateboard AG des aktuellen Schuljahres ist gerade gestartet, sie besteht aus 12 Schülerinnen und Schülern. Damit ist das räumliche Maximum auch diesmal wieder ausgeschöpft.“ Zwischenzeitlich habe man Mentoren aus Reihen der Schülerschaft ausgebildet, die Verantwortung für die Anlage und das schuleigene Material wie Helme und Protektoren übernehmen. Diese unterstützen auch die Schulsozialarbeiter bei der Aufsicht täglich zwischen 12.00 – 14.00 Uhr, wenn der Bowl neben den AG-Zeiten am Mittwochnachmittag für Pausen-Aktivitäten geöffnet hat.

Unfälle gab es nach Angaben von Schindler dabei bisher keine. Die AG-Teilnehmenden engagieren sich auch weit über den üblichen Rahmen hinaus: So plant der Lehrer derzeit zusammen mit ihnen eine Göppinger Kreismeisterschaft Skateboard in der Disziplin Street und Bowl für alle Schülerinnen und Schüler aus dem Kreis Göppingen, unabhängig von Schulzugehörigkeit. Zusammen mit einem Rahmenprogramm soll der Wettbewerb im Jahr 2020 stattfinden. Außerdem bestehen aktuell Pläne zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, so soll der Bowl eine Infrarot-Heizung für den Winter bekommen.

Parkour und Skaten sind längst keine Nischensportarten mehr

Die Beispiele zeigen: Parkour und Skaten sind längst keine Nischensportarten mehr, sondern werden beständig populärer und wichtiger in der kommunalen Sportlandschaft. Auch aus wissenschaftlicher Sicht wird längst die Neu-Definition von Bewegungs- und Sportflächen unter Einbeziehung öffentlicher Räume sowie die Erstellung entsprechender Nutzungskonzepte gefordert. Städte und Kommunen tun entsprechend gut daran, sich breit aufzustellen und für innovative und kombinierte Anlagen zu öffnen.

Weitere Informationen: www.dsgn-concepts.de